Zeppelin-Brief Nr. 77

Inhaltsverzeichnis:

  • 1. Vorwort
  • 2. In eigener Sache / Ernst Weinert
  • 3. Mitgliederfahrt 2020 auf 2021 verschoben / Rainer Fischbach
  • 4. In Zeiten der Krise. Neues aus dem Zeppelin Museum / Claudia Emmert
  • 5. Impressionen von der Ausstellungseröffnung „Vernetzung der Welt.
  • 6. Pionierfahrten und Luftverkehr über den Atlantik“ / Fotos von Martin Kohler
  • 7. Ein Modell des Transatlantik-Luftschiffes R 34 für das Zeppelin Museum
    in Friedrichshafen / Henry Wydler
  • 8. Die erste Zeppelin-Werft in Manzell (1899-1909) / Barbara Waibel
  • 9. Der Absturz des Marine-Luftschiffs L 2 im Oktober 1913 / Jürgen Bleibler
  • 10. 95 Jahre Opel-Rennrad ZR3: Das Rad der traditionellen Sieger / Jürgen Nöll
  • 11. Flugplatz Staaken / Urte Evert
  • 12. Die Kunst eines Zwangsarbeiters.
  • 13. Erinnerung an den Maler Pieter Portielje / Christa Tholander
  • 14. Wachstum nach Nordeuropa:
    Die Internationalisierung des Zeppelin Konzerns geht weiter / Kerstin Weber

Liebe Vereinsmitglieder, liebe Zeppelinfreunde,

so haben wir unser Zeppelin Museum noch nie erlebt: gähnende Leere, und das über Wochen! Mitte März musste das Museum wie alle Kultureinrichtungen aufgrund der Corona-Pandemie schließen. Mehrere Mitarbeiter*innen mussten in Kurzarbeit geschickt werden und die Museumsguides konnten keine Führungen mehr machen. Nach acht Wochen Vollschließung durften die Museen bei Beachtung entsprechender Hygienemaßnahmen wieder öffnen. Im Mai war der Besuch des Zeppelin Museums nur von Donnerstag bis Sonntag möglich. Seit Juni ist es wieder täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, aber die entgangenen Eintritte werden bis zum Jahresende wohl nicht kompensiert werden können. Bleibt zu hoffen, dass in diesem Jahr der Bodensee ein bevorzugtes Urlaubsziel sein wird und auf diese Weise auch viele Besucherinnen und Besucher ins Zeppelin Museum kommen. Die Corona-Krise hat leider auch zur Folge, dass wir unsere Mitgliederversammlung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben müssen. Wir hoffen, dass wir sie im Herbst nachholen können. Auch die vorliegende Ausgabedes Zeppelin-Briefs ist mit nur 32 Seiten etwas dünner als gewohnt, da einige Beiträge zu aktuellen Themen coronabedingt weggefallen sind. Das Museumsteam hat den unfreiwilligen Lockdown genutzt, um dringende Renovierungsarbeiten durchzuführen und gründlich zu putzen.

So wurde die Lüftungsanlage im Hindenburg-Nachbau erneuert, wodurch die unschönen schwarzen Staubspuren an der Decke verschwunden sind. Auch das seit Monaten defekte Rolltor am Treppenaufgang zur Bahnsteighalle konnte endlich repariert werden, und wagemutige Haustechniker kletterten ins Gerippe der Rekonstruktion, um auch hier den Staub von Jahren zu entfernen. Die Mitarbeiter*innen der Sammlungsabteilungen, der Kommunikation und Diskurs und Öffentlichkeit bemühten sich, den Kontakt zu den Museumsfreunden virtuell aufrechtzuerhalten und stellten zahlreiche Online-Angebote ins Netz. Da wurden Live-Führungen und Live-Workshops durchgeführt, Podcasts aufgenommen und Buchtipps gegeben. Alle digitalen Formate können auf der Homepage des Museums unter Digitales/Mediathek nachgesehen oder -gehört werden. Schauen Sie doch mal rein. Und so hat sich auch fürs Museum der derzeit viel zitierte Spruch bewahrheitet, dass in jeder Krise auch eine Chance liegt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute und vor allem – bleiben Sie gesund.

Herzlichst Ihre

Barbara Waibel
1. Vorsitzende des Freundeskreises zur Förderung des Zeppelin Museums

Die erste Zeppelin-Werft in Manzell (1899-1909)

Die Zeit zwischen 1899 und 1909 war die Pionierzeit des Starrluftschiffes mit Höhen und Tiefen, Pleiten, Pech und Pannen, aber auch die Zeit, in der der kleine Ort Manzell bei Friedrichshafen immer wieder in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit rückte. Tausende pilgerten an den Bodensee, um das neue Wunderding Zeppelin fliegen zu sehen. Kaiser, Könige und andere Prominente gaben sich bei Zeppelin ein Stelldichein. Spektakuläre, ja oft sogar dramatische Luftschifffahrten, die von den Zeitgenossen mit atemloser Spannung verfolgt wurden, nahmen hier ihren Anfang und Graf Zeppelin wurde von der tragischen Figur zum Volkshelden, vom “närrischen Grafen” zum „größten Deutschen des 20. Jahrhunderts“, – so Kaiser Wilhelm II. Nach der Gründung einer Aktiengesellschaft mit dem Namen „Gesellschaft zur Förderung der Luftschiffahrt“ zum Zweck der Erbauung von lenkbaren Luftschiffen nach dem System Zeppelin wurde 1899 eine schwimmende Halle auf dem Bodensee in der Bucht von Manzell bei Friedrichshafen errichtet. Dort hatte der König von Württemberg dem Grafen Zeppelin ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Eine schwimmende Halle bot den Vorteil, dass sie sich immer in den Wind drehte und so ein sicheres Ein- und Ausbringen des riesigen Luftschiffes ermöglichte. In diesem schwimmenden Holzschuppen begann im April 1899 die Montage des ersten Zeppelin-Luftschiffs LZ 1, das mit einer Länge von 128 Metern alle bisher verwirklichten Luftschiffprojekte weit übertraf. Bis zur Fertigstellung verging mehr als ein Jahr, und am 2. Juli 1900 war der Zeppelin bereit für seinen ersten Aufstieg. Tausende Menschen strömten nach Manzell, um dieses welthistorische Ereignis mitzuerleben. Achtzehn Minuten dauerte die erste Fahrt, die allerdings ein geteiltes Echo in der Presse fand. Während die einen begeistert über diesen ersten Flug eines Zeppelins berichteten, gab es auch kritische Stimmen, die Zweifel an der Steuerbarkeit des fliegenden Giganten hatten. Zwei weitere Fahrten nach einigen Umbauten bewiesen zwar die Steuerbarkeit, überzeugten aber die Militärverwaltung als potentiellen Abnehmer nicht. Ende des Jahres 1900 waren die Mittel der Aktiengesellschaft erschöpft. Sie musste liquidiert und das Luftschiff und die Schwimmhalle demontiert werden. In den folgenden vier Jahren kämpfte Zeppelin weiter für seine Idee und versuchte Geld für ein neues Luftschiff zu sammeln. Mit Lotterien und Spendenaufrufen in verschiedenen Tageszeitungen und mit erheblichen Geldmitteln aus eigener Tasche baute er ein zweites Luftschiff. Die ehemals schwimmende Holzhalle wurde jetzt als feststehende Halle vom Manzeller Ufer in den See hinein gebaut, so dass weiterhin ein Aushallen auf dem Wasser möglich war, auch wenn sie sich nicht mehr in den Wind drehen konnte. LZ 2 war das erste Luftschiff, das mit dem zukunftsweisenden Dreiecksträger als Grundelement gebaut wurde. Doch es stand unter keinem guten Stern. Ein erster Aufstieg am 30. November 1905 misslang und die erste und einzige Fahrt am 17. Januar 1906 fand ein jähes Ende in der Nähe von Kisslegg: LZ 2 wurde aufgrund von Motorproblemen und Steuerdefekten ins Allgäu abgetrieben und musste dort notlanden. Die Freude über die erste gelungene Landung auf festem Boden währte nicht lange. Ein aufkommender Gewittersturm beschädigte das Luftschiff so stark, dass es abgewrackt werden musste. Dieser Rückschlag entmutigte den Grafen zunächst völlig…

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